Peter Reichard Drehbuchautor
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Wenn du Polizist bist, dann hast du deinen Diensteid. Und weil du den hast, suchst du die Wahrheit. Nichts als die Wahrheit. Und das war dein Fehler, Peter Reichard
Mit diesem Text und Bild leitete der Playboy die Reportage über mich ein, die in der Mai-Ausgabe 1984 veröffentlicht wurde. Da hatte ich 18 Jahre Polizeiarbeit im schlimmsten kriminellen Sumpf hinter mir. Die Zeit danach habe ich für weitere Recherchen genutzt, nun als investigativer Journalist, war da, wo sich die Galionsfiguren des internationalen Verbrechens bewegt hatten. Ihre Charaktere, die ich detailliert nachgezeichnet habe, sind in ihrer Vielschichtigkeit spannender, als sie sich ein begnadeter Romanautor ausdenken könnte.
Es ist meine Geschichte, die ich in einem Buchmanuskript erzähle, hautnah selbst erlebt und nicht aus der Distanz eines Historikers, auch wenn die jeweiligen historischen Ereignisse von nationaler Bedeutung darin eingebettet sind. Im Kern behandelt sie die Zeiten von Prostitution, Sex auf Bühnen, Nepp, so wie es sie heute nicht mehr gibt, Gewalt, Kassieren von Schutzgeldern, das Einsickern der Mafia in Deutschland, Falschspiel, Korruption - den Allianzen zwischen Milieu, Polizei, Politik, Showbiz und Medien -, und das alles unter den wachen Augen der Geheimdienste.
Meine Zeitreise startet im Hamburger Rotlichtviertel St. Pauli, führt nach Monaco ins Casino und an den Fürstenhof, nach Washington D.C. direkt ins Weiße Haus, geht weiter in die Cosa-Nostra-Domänen Boston, Florida und Las Vegas, nach Moskau und Leningrad (St. Petersburg) zum sowjetischen Geheimdienst KGB und der Staatssicherheit der DDR, zur St.-Pauli-Filiale in Costa Ricas Hauptstadt San José, verläuft quer durch Europa bis an die Spieltische im Casino im österreichischen Velden am Wörther See und endet wieder in St. Pauli.
In dieser männerlastigen bunten Welt internationalen Verbrechens spielen zwei deutsche Frauen starke Rollen, die eine als Mafiosa, wohnhaft an der Hamburger Alster und Partnerin der führenden Köpfe der La Cosa Nostra in den USA, die andere als Chefin eines Callgirl-Rings in Washington D.C., und sie alle sind untereinander eng vernetzt. Bis hinein ins St.-Pauli-Milieu.
An meiner Seite hatte ich lediglich eine Handvoll sauberer Kollegen, einen aufrechten Journalisten und Hamburgs späteren Ersten Bürgermeister Henning Voscherau. Nicht nur wir, auch er musste um sein Leben fürchten. Da die von Korruption infiltrierte Polizei ein Totalausfall war, waren es ausgerechnet Unterweltler, die mir zusätzlich halfen.
Diese zu einem großen Teil verdeckten Ermittlungen zogen sich für mich über sechs Jahre hin, bis wir die Bande endlich zerschlagen hatten. Und mein Ziel, um das ich von Beginn an gekämpft hatte, erreicht war: In Hamburg wurde die bundesweit erste Fachdirektion zur Bekämpfung organisierten Verbrechens, die FD 65, gegründet.
Als einer der engagiertesten Weggefährten hatte sich in all den bitteren Jahren mein bester Freund gezeigt. Nach dem Zerfall des Ostblocks wurde er als Agent der DDR-Staatssicherheit in Haft genommen.
Es gibt keine Rechtfertigung für Terror, egal, ob aus politischen oder religiösen Gründen. Egal, ob von rechts oder von links. Denn wir alle sind Ausländer, sobald wir Deutschland verlassen, zum Urlaub in Thailand oder zu einem Geschäftstermin in Dubai. Gerade unsere Geschichte verpflichtet uns, für unsere Werte, unsere immer noch junge Demokratie zu kämpfen. Nie dürfen wir vergessen: Die unfassbaren Gräueltaten im Dritten Reich, die akribische Verwaltung einer gigantischen Tötungsmaschinerie mit anschließender bürokratisch angeordneter Verwertung der Leichen bis in die letzte Fingerkuppe hinein, auch das war "Made in Germany". Daraus erwächst uns eine ganz besondere Verantwortung.
Es gibt zwei Menschen, die schon 1994 verstanden haben, dass es nie rechtzeitig genug sein kann, deutliche Zeichen gegen das Vergessen oder gar das Verleugnen historischer Tatsachen zu setzen: Tomas de Niero schrieb damals ein Lied für Evelyn Künneke, das leider in der Versenkung verschwunden ist. Dabei ist es heute aktueller denn je. Es ist die Mahnung einer Generation, die das Grauen erlebt hat, das, neben den Millionen von Toten, auch zur Spaltung Deutschlands geführt hat. Daher heißt der Song: "Ich hab' das alles schon einmal geseh'n".
Er verdient es, schnell wieder verbreitet zu werden.
9. Dezember 2021
"Der Entführungsfall Natascha Kampusch – Die ganze beschämende Wahrheit" nach über 5 ½ Jahren wieder auf der Bestsellerliste!
Bestseller in Soziale Biografien & Erinnerungen | Bestseller in Echte Geschichten über Entführungen & Vermisste | Bestseller in Österreichische Politik |
29. SEPTEMBER 2019 – NATIONALRATSWAHLEN IN ÖSTERREICH
UND DER ENTFÜHRUNGSFALL NATASCHA KAMPUSCH
Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Auf den ersten Blick nichts. Doch auf den zweiten. Denn nachdem sich Natascha Kampusch 2006 aus ihrer Gefangenschaft befreit hatte, mischten sich vor allem Abgeordnete der rechtsnationalen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) in die Ermittlungsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft ein. Der damalige FPÖ-Chef und spätere Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache sowie die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein streuten jahrelang die abstrusesten Theorien über den Entführungsfall in die Medien. Damit trieben sie die Ermittlungsbehörden vor sich her und brachten zugleich großes Leid über Natascha Kampusch, ihre Familie und einen Freund des Täters, den sie zu dessen Komplizen machten.
Nach einer Fernsehdokumentation und einem Kinofilm hat Peter Reichard ein Buch über das Verbrechen geschrieben, Titelunterzeile: „Die ganze beschämende Wahrheit“ – beschämend insbesondere für die Wortführer der FPÖ. Für die Arbeiten an den drei Projekten waren er und Evelyne Reichard innerhalb von fast zehn Jahren für jeweils viele Monate jährlich in Wien. Dabei ist ihnen aufgefallen, dass das politische Parkett – im Gegensatz zu ihrer Heimatstadt Hamburg – hochglanzgebohnert ist und der titelbehangenen Wiener Obrigkeit damit fröhliche Rutschpartien zu noch mehr Macht und noch mehr Geld und noch mehr Wichtigkeit bietet. Diese Besonderheiten sind im Buch beschrieben, allerdings satirisch, anders schaffte es der Autor nicht. Wer den Text liest, wird feststellen, dass die Welt von Bakschisch, Mauscheleien und Eitelkeiten, die Natascha Kampusch nach ihrer Flucht betrat, die gleiche ist wie heute. Fast. Denn obendrauf gehören inzwischen noch die Machtergreifungspläne zweier FPÖ-Rauschkugeln in Ibiza. Womit sich dann endgültig der Kreis zur Nationalratswahl schließt.
Europas Schande
Am 29. Juni 2019 wurde die Kapitänin der „Sea Watch 3“, Carola Rackete, im Hafen von Lampedusa vorübergehend festgenommen. Immer noch drohen ihr bis zu zehn Jahre Haft. Um in Deutschland für zehn Jahre hinter Gittern zu verschwinden, muss man schon jemanden umbringen. Raubüberfälle mit Geiselahmen begehen. Oder jahrelang Kinder sexuell missbrauchen.
Was hat Carola Rackete verbrochen?
Sie hatte am 12. Juni 2019 vor der Küste Libyens das Leben von 53 Menschen gerettet. Es waren Migranten. Keine Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes, dafür wäre sie als Heldin gefeiert worden.
Ein wichtiger Beitrag zu dieser Problematik kommt aus Österreich, ausgerechnet. Er ist daher um so verdienstvoller. Und gleichzeitig um so beruhigender.
Vier Künstler haben sich zusammengetan und in einem zutiefst berührenden Video das ganze Flüchtlingselend auf den Punkt gebracht. Im Kern geht es ihnen um eine Selbstverständlichkeit: Lebensrettung ist des Menschen Pflicht. Und keine Straftat. Aber sie wäre es bei unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge.
Hier der Link zu dem Video:
(Wer es nicht gleich erkennen sollte: Es ist unterlegt mit einer besonderen Version der österreichischen Nationalhymne.)
https://m.youtube.com/watch?v=GOzEdJmuLTY